EuGH – Rs. C-757/22
Mit Urteil vom 11.07.2024 entschied der EuGH, dass Verbände wie die Verbraucherzentralen klagebefugt sind, Unterlassungsansprüche nach der DSGVO geltend zu machen. Somit droht neben Aufsichts- und Bußgeldverfahren durch die Landesdatenschutzbehörden auch die Geltendmachung durch Abmahnverbände.
I. Hintergrund der Entscheidung
Der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (VZBV) forderte von Facebooks Betreibergesellschaft, der Meta Plattforms Ireland Ltd., Unterlassung der Einholung einer aus Sicht des VZBV intransparenten und somit unwirksamen Einwilligung. Meta bietet Nutzern auf dessen Webseite kostenfreie Spiele an. Vor der Verwendung dieser Apps sollten Nutzer alledings einwilligen, dass innerhalb einiger Spiele personenbezogene Daten (Fotos, Punktestand, etc.) gesammelt und auf Facebook veröffentlicht werden. Der BGH legte dem EuGH in einem Vorlageverfahren daher Fragen zur Zulässigkeit der Verbandsklage vor.
II. Die Entscheidung des EuGH
Der EuGH entschied, dass Verbände bereits dann klagen können, wenn Unternehmen die Informationspflichten aus der DSGVO nicht einhalten. Zuvor waren die nationalen Gerichte davon ausgegangen, dass Verbände ausschließlich dann klagebefugt sind, wenn Verbraucher infolge einer Datenverarbeitung in Ihren Rechten verletzt wurden.
Der EuGH stellte dazu klar, dass ein Verstoß gegen die Informationspflicht mit einer Rechtsverletzung infolge einer Verarbeitung gleichzusetzen ist: Bevor Verbraucher in eine Datenverarbeitung einwilligen können, müssen sie von Unternehmen über den Umfang und die Folgen der Datenverarbeitung informiert werden. Erfüllt ein Unternehmen diese Informationspflichten, können Verbraucher nicht wirksam einwilligen. Folglich liegt bei einem Verstoß gegen die Informationspflicht ebenfalls ein Verstoß gegen die datenschutzkonforme Verarbeitung vor, so der EuGH.
III. Handlungsempfehlung für Unternehmen
Die Entscheidung des EuGH bietet Anlass zu überprüfen, ob die Informationspflichten gegenüber den Betroffenen datenschutzkonform umgesetzt sind. Werden personenbezogene Daten bei Betroffenen erhobenen, so muss der Verantwortliche nach Art. 12 DSGVO in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form sowie in einer klaren und einfachen Sprache über die Erhebung informieren und den Betroffenen die Informationen gemäß Art. 13 DSGVO zur Verfügung stellen.
Bei einem Verstoß gegen die Informationspflichten besteht aufgrund der EuGH-Entscheidung ein hohes Risiko, dass Verbraucherverbände Unterlassungsansprüche geltend machen.
Die Frage, ob auch Wettbewerber nach der DSGVO klagebefugt sind, ist derzeit noch nicht entschieden. Im laufenden Verfahren C-21/23 vertritt der EuGH-Generalanwalt die Auffassung, dass Unternehmen gegen Mitbewerber Unterlassungsklagen aufgrund von DSGVO-Verstößen erheben können. Wird dies von den EuGH-Richtern bestätigt, drohen zukünftig zusätzlich datenschutzrechtliche Abmahnungen von Wettbewerbern.